Stellungnahme: Zweckentfremdung

  • In Palma de Mallorca dürfen seit Sommer 2018 gar keine Privatwohnungen mehr an Tourist*innen vermietet werden. Amsterdam beschränkt die Vermietung von Wohnungen auf 60 Tage im Jahr. Berlin erlaubt 90 Tage, zudem müssen sich Gastgeber registrieren lassen. Tübingen macht da mit,  ist da aber etwas konservativer mit 10 Wochen pro Jahr für die Vermietung einer ganzen Wohnung.
  • Wir stimmen den Antrag zu, denn Zweckentfremdung von Wohnraum ist nicht nur Wohnraum absichtlich leer zu lassen, sondern auch dass Hausbesitzer*innen absichtlich Wohnraum, der für eine Mietwohnung verwenden werden könnte als Ferienwohnung nutzen, um größere Gewinne für sie persönlich zu erzielen. Das mag bisher erlaubt sein, heißt nicht, dass es moralisch richtig ist. Investor*innen werben ganz offen mit Airbnb – als besonders lukratives Finanzierungsmodell für Kaufinteressent*innen von neuen Appartements. So könne ein aufgenommener Kredit innerhalb von sechs bis acht Jahren abgezahlt werden, statt in 20 Jahren bei ortsüblichen Mietpreisen und höhe Rendite generiert werden.
  • Solche Taktiken sind mit schuld daran, dass Wohnraum in Städten wie Tübingen immer knapper werde und die Mietpreise immer horrender werden.
  • Zudem befinden sich die Ferienwohnungen oft in den besten und schönsten und zentralen Quartieren, in denen die Gentrifizierung ohnehin im Gange ist. Damit steigen die Wohnungspreise, und finanziell benachteilige Menschen müssen ausziehen.
  • Es ist ein Scheinargument, zu sagen, es werden durch diese Regelung weniger Tourist*innen nach Tübingen kommen als vorher. Eine kurze Recherche war ausreichend um festzustellen, dass sowohl in Köln als auch Berlin, mit der strengste Regelung dieser Art weltweit, die Zahlen der Übernachtung  seit der Einführung ein solches Regelwerk nicht abgenommen haben. 
  • Tourist*innen, denen ein Hotelzimmer weiterhin zu teuer ist, können sich eine Gästezimmer oder Sofa weiterhin auf die üblichen Portale mieten, diese sind nicht von dieser Regelung betroffen.
  • Und dass viele Kurzzeitvermietungen aus finanzieller Notwendigkeit getätigt werden ist mir klar. Wie sonst soll man die Miete für die teure Wohnung in der Stadt zahlen, welche nicht zuletzt eine direkte Folge der aktiven Ansiedlung von Unternehmen ist, bei verpasster Chance, im gleichen Maße neuen Wohnraum zu schaffen. Hätte der OB in den letzten Jahren so viel Eifer in die Schaffung bezahlbaren Wohnraums gesteckt, wie in die Anwerbung und genereller Förderung von Unternehmen in Tübingen (und dem Hetzen gegen Minderheiten bei Facebook), das Problem wäre wahrscheinlich ein kleineres -> die nachhaltige Lösung dafür ist nicht Airbnb sondern eine Mietpreisbremse, Verhinderung von Zweckentfremdung (Leerstand), solidarische Lebensformen, Enteignung großer Wohnungsunternehmen und private Wohnungskonzerne zu vergesellschaften. Was auch wahr ist, ist dass das gemeinsame Nutzen von Wohnraum ökologisch nachhaltig und sozial verbindend ist, daher sind WGs besonders gut geeignet und natürlich weiterhin erlaubt. Auch Untervermietungen sind eine gute Sache und bleiben möglich.